TikTok und Co. kein harmloser Zeitvertreib?
TikTok kassiert erneut eine Mega-Strafe wegen Datenschutzverstößen. Doch das eigentliche Problem liegt tiefer - und betrifft auch Instagram, X & Co. Warum Social Media kein harmloser Zeitvertreib ist.
Ein persönlicher Blick auf Datenschutz, Überwachung und Verantwortung
530 Millionen Euro Strafe. So viel muss TikTok wegen Verstößen gegen die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zahlen. Wieder mal. Diesmal, weil Daten von europäischen Nutzern nach China weitergeleitet wurden - trotz anderslautender Aussagen. Und das ist kein Einzelfall.
TikTok steht hier nur exemplarisch für ein viel größeres Problem. Denn die Wahrheit ist: Keine der großen Social-Media-Plattformen geht sonderlich verantwortungsvoll mit unseren Daten um.
TikTok: Der Algorithmus kennt dich besser als du selbst
Fangen wir mit TikTok an. Die App weiß, wie man dich bei der Stange hält: Durch endlos optimierte Feeds, die süchtig machen. Der berüchtigte Algorithmus kommt aus China - und genau dorthin flossen auch europäische Nutzerdaten. Teilweise ohne Zustimmung, teilweise ohne Transparenz. Dass das gegen die DSGVO verstößt, ist offensichtlich. Die irische Datenschutzbehörde DPC hat reagiert - mit der höchsten Strafe bislang.
Doch es geht um mehr als nur um Geld: TikTok konnte nicht garantieren, dass unsere Daten außerhalb der EU denselben Schutz genießen wie innerhalb. Und wenn Mitarbeiter in China Zugriff auf europäische Profile haben, dann stellt sich automatisch die Frage: Wer noch?
Instagram, Facebook, X - besser ist es dort auch nicht
Jetzt wäre es einfach, den Zeigefinger nur auf TikTok zu richten. Aber wer glaubt, Meta oder X (ehemals Twitter) würden es besser machen, lebt auch in einer Illusion.
- Facebook hat in der Vergangenheit mehrfach Milliardenstrafen kassiert.
- Instagram trackt seine Nutzer quer über das gesamte Web.
- X setzt nach wie vor auf aggressive Datensammlung und fragwürdige API-Politiken.
Was all diese Plattformen gemeinsam haben: Sie leben davon, dass wir möglichst viel von uns preisgeben. Je mehr Daten, desto gezielter die Werbung - und desto höher der Profit.
"Ich hab doch nichts zu verbergen" - Leider doch.
Das häufigste Gegenargument: "Was soll's? Ich hab doch nichts zu verbergen." Das ist naiv. Es geht nicht nur um Privatsphäre, sondern um Kontrolle. Wer Zugriff auf dein Verhalten, deine Vorlieben, deine Kontakte, deine Stimmungen hat - der kann dich beeinflussen. Nicht nur in Sachen Werbung, sondern auch politisch. Emotional. Und das jeden Tag, unbemerkt.
In Ländern wie China ist das längst Realität: Dort bedeutet Social Media nicht Selbstverwirklichung, sondern Überwachung, Zensur und Manipulation. TikTok-Nutzer in Europa bekommen Entertainment - Douyin-Nutzer in China bekommen Bildung und Propaganda. Die Unterschiede sind kein Zufall.
Und was heißt das jetzt für uns?
Heißt das: Alle Social-Media-Apps löschen? Nein. Aber: bewusster damit umgehen. Hinterfragen, was man teilt. Weniger blind akzeptieren. Die Datenschutzrichtlinien vielleicht mal wirklich lesen. Und: Alternativen stärken, die mit unseren Daten verantwortungsvoller umgehen - auch wenn sie nicht so "trendy" sind.
Denn am Ende ist es wie immer: Wenn etwas kostenlos ist, bist du nicht der Kunde - sondern das Produkt.
TL;DR:
- TikTok hat europäische Daten unzulässig nach China weitergeleitet -> 530 Mio. € Strafe
- Das ist symptomatisch für die Praktiken vieler Social-Media-Plattformen
- Datenschutzverletzungen sind keine Ausnahmen, sondern Teil des Geschäftsmodells
- Zeit für einen kritischeren, bewussteren Umgang mit digitalen Diensten - privat wie beruflich
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Über den Author
Christian
Ich bin Christian - Softwareentwickler. Über die Jahre habe ich in verschiedenen Rollen gearbeitet, unter anderem als Lead Developer und Datenschutzkoordinator in der Ströer-Gruppe sowie als Games Specialist bei Amazon Games.