Sicherheit im Alltag: Was Power-User anders machen
In diesem Teil richten wir uns an Menschen, die mit digitalen Werkzeugen arbeiten - Entwickler, IT-Affine, Solo-Selbstständige - und ihre Geräte und Daten strategisch absichern wollen. Hier geht es nicht um Standards, sondern um Selbstschutz durch Kontrolle und Kontextbewusstsein.
1. Temporäre und sensible Daten löschen
Je professioneller du arbeitest, desto mehr fällt an: Build-Artefakte, Debug-Logs, .DS_Store, alte Repos, Caches. Und oft bleibt alles liegen - mitsamt sensiblen Inhalten.
Was du tun solltest:
- Regelmäßiger Cleanup von
.cache
,Downloads
,/tmp
,%temp%
- IDEs und Build-Systeme konfigurieren: keine sensiblen Artefakte im Projektverzeichnis
- Logs mit personenbezogenen oder sicherheitsrelevanten Infos nach Ablauf löschen
- Tools wie BleachBit, Stacer, Debloat-Werkzeuge mit Feingefühl einsetzen
Im besten Fall richtest du dir hierfür einen automatisiertes Script ein, dass wöchentlich durchläuft.
2. Beruf und Privat digital trennen
Viele User vermischen berufliche und private Nutzung auf dem selben System. Das ist bequem, aber riskant.
Sinnvolle Trennstrategien:
- Separate Benutzerprofile (z. B. Windows- oder Linux-Accounts)
- Unterschiedliche Browser-Profile oder sogar getrennte Browser
- E-Mails & Cloud-Zugänge in eigene Tools oder Container auslagern
- Private Medien, Social Media & Unterhaltung strikt von Arbeitsumgebung trennen
3. Sandboxen und Container gezielt einsetzen
Wenn du viel Software testest oder fremde Tools ausprobierst, solltest du deinen echten Host schützen.
Empfohlene Tools:
- Firejail (Linux): sandboxed execution für einzelne Programme
- Windows Sandbox (ab Pro): isolierte Umgebung für Downloads, Installer etc.
- Flatpak / Snap: containerisierte App-Ausführung mit begrenzten Rechten
- VirtualBox oder VMWare für komplette Test-Umgebungen - oder auch zum Öffnen heikler Dateien.
4. Eigene Wiki oder Doku führen
Power-User wissen viel und sie vergessen auch viel. Was du heute einrichtest, solltest du in drei Monaten nicht neu googeln müssen.
Die Doku sollte im besten Fall nicht nur online oder auf dem Rechner verfügbar sein, sondern auch auf einem separaten USB-Stick o.Ä.
Was hinein gehört:
- Liste deiner genutzten Tools & Add-ons
- Backup-Strategie mit Speicherorten & Schlüsseln
- Konfigurationen (z. B. Firewall-Regeln, BIOS-Passwörter, SSH-Keys)
- Recovery-Routinen & Testprotokolle
- Notfallplan: Was tun bei Geräteverlust, Datenverlust, Account-Hack?
5. Awareness-Training
Der größte Angriffsvektor bleibt der Mensch. Auch bei dir. Phishing, Social Engineering, unbedachte Klicks - es passiert schneller, als man denkt.
Was du konkret tun kannst:
- Phishing-Simulationen durchspielen (z. B. über Webseiten oder firmeneigene Tools)
- E-Mail-Header lesen lernen (SPF, DKIM, Absenderprüfung)
- Bewusstes Verhalten im Umgang mit Dateianhängen, QR-Codes, Kurzlinks
- Regelmäßige Sicherheits-„Selbstaudits“: Was ist offener als gedacht?
6. Backup-Szenarien überdenken
Normale Backups sind gut. Aber: Was ist, wenn dein Rechner gestohlen und dein Cloud-Zugang gesperrt wird?
Starke Backup-Strategie:
- Kombination aus lokaler und externer Speicherung (z. B. HDD + Cloud)
- Mindestens ein „Cold Backup“ - vollständig offline, nur alle paar Wochen aktualisiert
- Geprüfte Wiederherstellbarkeit für einzelne Dateien und Komplettsysteme
- Backup-Verschlüsselung mit Zugang nur per physischem Key
Power-Schutz heißt bewusstere Kontrolle
Du brauchst kein Unternehmen im Rücken, um auf Profiniveau zu handeln. Die meisten Maßnahmen in diesem Artikel sind Tools und Routinen, keine Großinvestitionen.
Der Unterschied ist: Du weißt, was auf deinem System passiert - und du entscheidest, was erlaubt ist.
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Über den Author
Christian
Ich bin Christian Seip - Softwareentwickler mit Schwerpunkt auf Web-Technologien. In den letzten Jahren war ich unter anderem als Lead Developer und Datenschutzkoordinator bei der Ströer-Gruppe tätig. Davor habe ich bei Amazon Games gearbeitet.
Ich schreibe hier, weil ich Dinge hinterfrage. Weil ich wissen will, was unter der Oberfläche steckt - technisch, gesellschaftlich und sprachlich. Und weil ich glaube, dass es nicht reicht, Dinge nur zu tun, ohne darüber zu reden.
Dieser Blog ist kein Tutorial-Archiv und keine Selbstvermarktung. Er ist mein Versuch, klare Gedanken zu formulieren und Position zu beziehen auch wenn es unbequem ist. Mal technisch, mal kritisch, mal persönlich.