AI ersetzt Entwickler?
KI kann Code schreiben - schneller als je zuvor. Aber was heißt das für uns Entwickler? Zwischen Hype, Angst und Realität lohnt sich ein ehrlicher Blick auf das, was AI wirklich verändert. Und wo die wahren Risiken liegen.
Der aktuelle Hype um Künstliche Intelligenz macht vielen Entwicklern Angst - und das ist verständlich. Überschriften wie "AI schreibt besseren Code als du" oder "Brauchst du bald überhaupt noch einen Job?" verkaufen sich gut - aber sie greifen zu kurz. Die Realität ist wie so oft komplexer.
Ich bin überzeugt: KI wird uns als Entwickler nicht überflüssig machen. Aber sie verändert das Spielfeld. Und wie bei jedem Wandel liegt die Gefahr nicht in der Technologie selbst - sondern darin, wie wir (nicht) mit ihr umgehen.
KI ersetzt kein echtes Verständnis - sie ersetzt nur das Suchen
Viele von uns kennen das Prinzip: Man sucht eine Lösung bei Stack Overflow, findet einen passenden Schnipsel und fragt sich: Kann ich das einfach so übernehmen? Die goldene Regel lautete schon immer: Kopiere nichts, was du nicht verstehst.
KI macht das einfacher - und gleichzeitig gefährlicher. Denn der Code liegt nicht mehr passiv auf einer Webseite, er wird aktiv erzeugt. Oft sieht er richtig aus. Und genau da wird’s kritisch: Wer nicht weiß, warum etwas funktioniert, übernimmt Fehler oder Sicherheitslücken, ohne es zu merken. Der Schein, das der Code gerade aktiv für dich entwickelt wird, lässt das Gefühl des Kopierens verschwinden und wiegt Entwickler in falscher Sicherheit.
Erfahrene Entwickler können das einordnen. Sie prüfen, adaptieren, verbessern. Aber gerade für Neueinsteiger birgt das eine große Gefahr: Wenn AI von Anfang an zum Lehrmeister wird, fehlt oft das Fundament. Und wer kein Fundament hat, kann auch nichts Eigenes aufbauen.
Wenn AI der Junior ist - was passiert mit echten Junioren?
Viele Unternehmen sehen in AI eine Art Super-Junior. Sie generiert Boilerplate-Code, testet einfache Use-Cases, schreibt Unit-Tests. Klingt erst mal effizient - bis man sich fragt: Was passiert mit den echten Junior-Entwicklern?
Denn wer AI als Ersatz für Einstiegsstellen sieht, sägt an einem zentralen Ast: dem Nachwuchs. Wo sollen junge Entwickler praktische Erfahrung sammeln, wenn es keine Junior-Rollen mehr gibt? Wer nicht investieren will, spart kurzfristig - aber züchtet langfristig Fachkräftemangel.
AI kann viel. Aber sie lernt nicht aus Fehlern. Sie wächst nicht mit dem Projekt. Sie wird nicht zum Senior. Wir brauchen echte Menschen, die diesen Weg gehen - mit allen Hürden, Lernkurven und Entwicklungsschritten.
Die Stärke liegt im Zusammenspiel
Trotz aller Kritik: Ich nutze AI selbst - regelmäßig. Zum Beispiel:
- wenn ich einen Text schreibe und nochmal ein zweites Paar Augen brauche: sind alle Satzzeichen gesetzt? Passt die Grammatik? Gibt es offensichtliche Rechtschreibfehler?
- zum Brainstormen: ob nun für diesen Artikel oder für ein Projekt. AI kann einen auf gute Ideen bringen oder an Dinge erinnern, die man vergessen hätte.
- oder auch einfach, um repetitive Aufgaben schneller zu erledigen.
Aber: Ich verlasse mich nicht blind darauf. AI ist für mich ein Werkzeug - kein Ersatz für mein Denken. Microsoft hat das mit seinem AI-Assistant treffend benannt: Sie ist ein Co-Pilot, kein Auto-Pilot. Und genau so sollten wir sie auch betrachten.
Fazit
AI nimmt uns nichts weg - wenn wir wissen, was wir tun
Der AI-Hype verändert vieles. Aber Angst ist kein guter Ratgeber. Die wahren Fragen sind:
- Wie bilden wir junge Entwickler trotz AI solide aus?
- Wie sorgen wir dafür, dass Erfahrung und Verständnis wieder mehr Gewicht bekommen als reine Output-Geschwindigkeit?
- Und wie schaffen wir eine Arbeitskultur, in der AI unterstützt - aber nicht ersetzt?
Wenn wir diese Fragen ernsthaft beantworten, dann schafft AI nicht weniger, sondern mehr Chancen: Für Qualität. Für Effizienz. Und ja - auch für neue Jobs.
Aber nur, wenn wir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.
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Über den Author
Christian
Ich bin Christian - Softwareentwickler. Über die Jahre habe ich in verschiedenen Rollen gearbeitet, unter anderem als Lead Developer und Datenschutzkoordinator in der Ströer-Gruppe sowie als Games Specialist bei Amazon Games.